Freitag, 23. Januar 2015

Laten we Nederlands spreken!

So, heute gibt’s eine kleine Niederländisch-Lektion. Und eine Lektion in den Gepflogenheiten der Niederländerinnen und Niederländer. Die machen nämlich einiges gleich wie wir. Aber noch viel mehr machen sie komplett anders.

So, und bevor ich beginne, möchte ich noch mit einer Unklarheit aufräumen: Ich habe hier absichtlich NIEDERLÄNDISCH geschrieben und nicht HOLLÄNDISCH. Bezeichnet niemals einen Einwohner der Stadt Maastricht als Holländer! Er ist zwar sehr wohl ein Niederländer, aber ganz bestimmt kein Holländer! Holland ist nämlich nur ein Teil der Niederlande und für seine Klischees bekannt wie blühende Tulpenfelder, Käse, Windmühlen, flaches Land, von Kanälen durchzogene Städte… Alles Dinge, die man rund um Maastricht so ziemlich vergebens sucht. Und wir Schweizer möchten uns ja auch nicht gerne pauschal als Berner oder gar als Zürcher (auweia!) bezeichnen lassen, oder?

Niederlande mit Holland gelb eingefärbt

Nun noch ein Brocken Geographie: die Niederlande ist etwa gleich gross wie die Schweiz, liegt auf einer Europakarte ungefähr links oben und wird umzingelt von den Belgiern im Süden, von den Deutschen im Osten und vom Wasser der Nordsee und des Wattenmeers im Westen und Norden. Das Land wird von knapp 17 Millionen mensen (Menschen), rund 20 Millionen varken (Schweinen) und etwa einer Million schapen (Aussprache: s-chapen, Schafen) bevölkert. Knapp ein Drittel des Landes hat eine negative Meereshöhe.

Schapen

Jetzt schauen wir uns mal den Tagesablauf eines Beispielniederländers an. Wir nennen ihn mal Jaap. Früh morgens kriecht Jaap aus seinem bed und setzt sich an den tafel, um sein ontbijt (ontbeit), also sein Frühstück zu sich zu nehmen. Zum niederländischen ontbijt gehört in jedem Fall hagelslag (hachelslach). Was wie eine Unwetterfront klingt, sind in Wirklichkeit braune oder farbige Schokolade- oder Zuckerstückchen, die wir bei uns als Streusel kennen. Wir verzieren damit unsere Kuchen, Jaap schüttet sie in grosszügigen Mengen auf sein Butterbrot. Dazu gibt’s een kopje thee, ein Tässchen Tee.

Hagelslag

Nach dem ontbijt geht’s zur Arbeit und zwar auf dem fiets (fiiz), dem Fahrrad. Fietsen, also radeln, gehört in den Niederlanden zu den Alltagsbeschäftigungen. Vielleicht fietst Jaap an einem Haus vorbei, an dem ein Schild mit der Aufschrift huren prangt. Werden hier etwa Dienstleistungen aus dem Rotlichtmilieu angeboten? Weit gefehlt! Huren (hüüren) bedeutet nichts anderes als mieten. Huis te huur (höis te hüür) heisst also Haus/Wohnung zu vermieten.

Huis te huur

Jaap erreicht sein werk, also seine Arbeitsstelle und beginnt mit – einer vergadering (verchadering), einer Sitzung. In niederländischen Firmen sind vergaderingen sehr beliebt, sie dauern häufig eine halbe Ewigkeit und auch die Telefonistinnen und Lehrlinge sitzen mit am Tisch und werden nach ihren Meinungen gefragt. Überhaupt sind die Hierarchien in niederländischen Firmen vergleichweise flach.
Zum Mittagessen verzichtet Jaap in der Regel auf ein warmes Essen, sondern begnügt sich mit einem schnellen Imbiss. Besonders gerne mag er broodjes met kaas (Belegte Brötchen mit Käse) und dazu een glas melk (en chlas mellek), das bei uns eher zum Frühstück als zum Mittagessen passt. Aber das Mittagessen ist in den Niederlanden lediglich eine Zwischenmahlzeit und wird deshalb häufig als lunch bezeichnet.
Im Frühling, wenn es Nieuwe Haring (neuen Hering) gibt, genehmigt sich Jaap auch gerne solch einen Fisch mit uien (öien, Zwiebeln), den er sich von oben in den Mund gleiten lässt.



`s Middags (smiddachs), also nach dem Essen, müsste Jaap eigentlich wieder zur Arbeit; doch weil heute so schönes und heisses Wetter ist, nimmt er frei und geht zum Baden aan een meer (an einen See) oder aan de zee (ans Meer). Nein, ich hab die Übersetzungen nicht vertauscht, was für uns ein See ist, ist für die Niederländer tatsächlich ein meer und umgekehrt. So heisst das Mittelmeer auf niederländisch de Middellandse Zee (de middellandse see) und der Genfer See het Meer van Genève. Also, aufpassen!

Nordseeküste

Het avondeten (das Abendessen) ist die Hauptmahlzeit der Niederländer. Jetzt wird so richtig deftig gegessen, es gibt zum Beispiel stamppot, ein Gemüseeintopf mit Fleisch, der so lange gekocht wird, dass das Essen matschig ist und problemlos mit der Gabel zerdrückt werden kann. Vorab gibt es etwa erwtensoep (ertensup), also ein heisses Erbsensüppchen. Als toetje (tutje, Nachtisch) gibt es vla, eine süssliche Speise, die an Pudding erinnert.

Stamppot

 Vor dem Sprung ins Bett genehmigt sich Jaap noch een kopje koffie, ein Tässchen Kaffee, möglichst im Kreise der Familie oder von Freunden bij een gezellig praatje (bei en chesellech praatje), einem geselligen Geplauder. Dann ist’s Zeit zum Schlafen, welterusten (welterüsten, Gute Nacht)!

So, ich glaube, für heute tut’s das. Falls euch diese kleine Niederländisch-Lektion gefallen hat, schreibe ich demnächst mal eine kleine Fortsetzung. Bis dahin gebe ich euch gerne noch eine kleine Übung auf den Weg:
Vor Jahren bin ich bei einer Niederländisch-Lektion einmal über das niederländische Wort für Haftpflichtversicherung gestolpert, an dem ich mich über Tage abgemüht habe. Gerne lasse ich euch an diesem Wort mal die Zähne ausbeissen. Geschrieben wird es so:

Aansprakelijkheidsverzekering.

Und hier noch eine kleine Aussprachehilfe: Ansprakelekheidsversekering.


Also, übt schön, und passt mir auf, dass ihr keine Knoten in die Zunge bekommt!

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